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Am Anfang meiner Zwanziger habe ich mich phasenweise ziemlich ungesund verhalten. Süßigkeiten waren oft mein zweiter Vorname. Und wann immer ich mich nicht ausgefüllt gefühlt habe, füllte ich mich mit Süßem. Da ich aber wiederum nicht total dick werden wollte, versuchte ich mit langen, anstrengenden Ausdauer-Trainingseinheiten mein ungesundes Verhalten auszugleichen. Schliesslich wusste ich, dass man mit einer Stunde joggen je nach Tempo bis zu 500/600 Kalorien verbrennen kann und eine Tafel Schokolade wäre dann wieder „weg“ gewesen. So verhielt ich mich eine ganze Zeit lang, ahnte aber damals schon, dass diese Rechnung nicht ganz aufgeht..

Ich erinnerte mich an diese Phase in meinem Leben zurück, als ich vor ein paar Wochen einen sehr netten jungen Mann in der Bahn traf. Wir kamen bald ins Gespräch und er erzählte mir, dass er Athletik-Trainer sei. Wie spannend! Und so tauschten wir das eine oder andere im Bezug auf Training und Ernährung aus. Was er mir auch erzählte war, dass er und seine Kollegen den jungen Sportlern oft verdeutlichen wollen, wie kalorienreich und eigentlich nicht lohnenswert Naschereien sind, indem sie ihnen sagten, wie viele Burpees man machen muss, um zum Beispiel einen Schokoriegel wieder weg zu trainieren. Wenn du diese Übung nicht kennen solltest: es ist eine Art Kombination aus Liegestütz, Kniebeuge und Strecksprung. Durch einen kraftvollen Liegestütz bringst du dich schnell vom Boden und springst dann in die Hocke. Aus der Hocke katapultierst du den Körper mit einer Sprungbewegung mit nach oben gestreckten Armen in die Vertikale.

Ich mag Sprungübungen nicht besonders. Und Burpees sind echt anstrengend. Ich kann mir vorstellen, dass das auf die jungen Sportler genügend abschreckend wirkt und sie sich bei der nächsten Versuchung den Schokoriegel lieber verkneifen, als die Burpees auf sich zu nehmen, die es bräuchte, um von der Energiebilanz wieder einen Ausgleich zu erreichen.

Aber diese auf den ersten Anschein klug wirkende „Androhung“ hat auch mehrere Nachteile:

1. Sie erweckt in uns die Idee, wir könnten durch genügend Training eine schlechte Ernährung ausgleichen. Von der Energiebilanz her gesehen, können wir dies mit genügender Anstrengung auch sicherlich tun. Aber unserem Körper werden dennoch wichtige Nährstoffe vorenthalten, die er nun nach der Anstrengung erst recht bräuchte. Insbesondere Mineralstoffe und Vitamine gehen sowohl durch den alleinigen Verzehr von viel ungesundem wie Süßwaren verloren als auch in Kombination mit Training. Auf Dauer durchgeführt, fehlen dem Körper sehr wichtige Stoffe. Er kann sich nach der Belastung schlechter regenerieren, Körperzellen werden schlecht versorgt und Körpergewebe wie die Muskulatur kann sich nur unzureichend bilden. Mit wenig Muskulatur bleibt man dann zwar äußerlich schlank, wenn man die ungesunden Kalorien verbrannt hat, aber der Körper bleibt „weich“ und hungrig nach Nährstoffen.. Im schlimmsten Fall entsteht auf Dauer eine ungutes Verhältnis zwischen Körperfett- und Muskelanteil im Körper, welches nicht nur ästhetisch unschön ist, sondern auch viele gesundheitliche Nachteile mit sich zieht.

2.  Es könnte sein, dass jemand daraus den Schluss zieht, dass es eh keinen Sinn hat, sich zu bewegen, um die Kalorien wieder zu verbrennen, die man sich gerade ran gefuttert hat, weil es viel zu anstrengend, sprich in seinen Augen einfach nicht machbar ist, Burpees und Co zu üben. Dies hätte die negative Konsequenz, wenn öfters praktiziert, dass dieser jemand an Gewicht zunimmt und damit immer träger und bewegungsunlustiger wird. Damit stehen dann Tor und Tür offen für weitere negative Folgen für die Gesundheit. Zum Beispiel, wenn viel Zucker in Kombination mit Bewegungsarmut konsumiert wird, führt dies eventuell zu Insulinresistenz und daraus resultierend zu Diabetes.

3. Ein anderer könnte meinen: „Okay, ich möchte jetzt diesen Schokoriegel. Dann beiße ich hinterher in den sauren Apfel und mache eben die Burpees, bis ich zusammenbreche. Und danach esse ich wieder gesund und ausgewogen.“ Sicherlich ist das die gesündeste Variante der Auslegung. Aber es trainiert uns dazu, die Bewegung nicht als „Freude an der Bewegung“ zu geniessen, sondern als Wiedergutmachung eines Fehlverhaltens. Vielleicht könnte dadurch auf Dauer der Spass am Sport verloren gehen. Denn wie viele Menschen quälen sich regelrecht an den Ausdauermaschinen mit wachem Blick auf dem Kalorienzähler?!
Außerdem haben wir den Nummer Eins Killer der Gesundheit damit noch nicht verbannt: den einfachen Zucker. Selbst wenn wir uns anschliessend bewegen, können wir zwar unmittelbar Abhilfe schaffen, da Kalorien und Zucker wieder verbrannt werden, aber raffinierter Zucker ist in dem Maße, wie wir ihn heute konsumieren, das größte Gift für unseren Organismus. Und Gift tut keinem gut, ob mit oder ohne Bewegung.

Mein Vorschlag wäre es, Ernährung und Bewegung zwar als zwei entscheidende Faktoren für Gesundheitsfürsorge zu sehen, aber darüber hinaus in beiden Bereichen separat die bestmögliche Qualität zu schaffen. Gute Kost plus angemessene Bewegung. Und mischen wir dann zu den beiden Zutaten „Ernährung und Bewegung“ noch eine dritte Zutat hinzu, nämlich Entspannung als dritte wesentliche Säule unserer Fürsorge um unseren Körper, dann brauchen wir vielleicht erstens nicht mehr so viel ungesundes zum Ausgleich von Stress, Überforderung und Gefühlen der Unzulänglichkeit und zweitens können wir hin und wieder ohne schlechtes Gewissen und daraus folgenden Wiedergutmachungs-Zwangsgedanken eine kleine Leckerei geniessen.

Abschliessend möchte ich an dieser Stelle meinen netten Kollegen grüßen, den ich in der Bahn kennengelernt habe und mich für die sehr inspirierende Unterhaltung bedanken. Wir brauchen Leute wie dich, die sich Gedanken machen, wie wir der Jugend einen besseren Weg zu mehr Bewegung und gesundem Essen aufzeigen können.

Scarlett Krause

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