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Manchmal fragen mich Teilnehmerinnen/ Teilnehmer meiner Kurse, wie ich eigentlich zum Yoga kam. Es muss etwa 1999 gewesen sein, als ich das erste Mal mit Yoga in Berührung kam. Ich machte damals meine Ausbildung zur Heilpraktikerin und dort tauchte Yoga bei einigen ganzheitlichen Behandlungsmethoden oder in teils esoterisch angehauchter Literatur auf und ich fand erstes Interesse daran.

Yoga oder die Kunst still zu werden

Die Yoga Übungen (Asanas) fielen mir von Anfang an nicht besonders schwer, da ich schon von Kind auf durch Ballet recht beweglich und durch diversen Sport immer ganz gut im Training war. Allerdings fiel es mir doch anfangs schwer, still zu halten und vor allem auch innerlich ganz still zu werden. Insgeheim hatte ich Angst, mich mit meinen Gefühlen und tieferen Emotionen auseinander setzen zu müssen, sobald ich innerlich ruhiger würde.

Ich fühlte mich einfach wohl in den fliessenden Bewegungsabfolgen. Dort konnte ich sein, ohne das es innerlich weh tat. Ich konnte gedanklich abschalten. Mein Einstieg war mit Power Yoga nach Bryan Kest in diesem Sinne gelungen. Sehr sportlich, viel schwitzen, bis an die körperlichen Grenzen gehen, um dann erschöpft aber glücklich in der End-Entspannungshaltung für einige Minuten zu liegen.

Erst als ich zum ersten Mal schwanger wurde und mein wachsender Bauch mich zwangsläufig etwas ausbremste, wünschte ich mir mehr Ruhe und mehr Atmen im Yoga. Ich ging die zweite Hälfte der Schwangerschaft zum Schwangeren-Yoga. Ich war wirklich überrascht, als wir dort die gesamte Stunde über „nur“ auf dem Schafsfell lagen oder saßen. Wir „übten“ körperlich nur minimal, waren aber zutiefst mit unserem Bauch und unserer Atmung verbunden. Mein „Kanal“ zur Atmung war auf einmal „gelegt“.

Im Rückblick kann ich heute sagen, dass ich erst zu diesem Zeitpunkt meines Lebens wirklich verstand, was es bedeutet, richtig zu atmen. Als dann mein Sohn zur Welt kam, brauchte ich während der Geburt nichts weiter als meinen Atem. Ich war ganz in mir versunken und bekam mein Kind. Ich konnte auf einmal grössten körperlichen Schmerz mit der Atmung kontrollieren und steuern.

Das kleine Wesen, welches damals an einem Donnerstag Abend bei Gewitter in der Geborgenheit des Wassers mit Hilfe meiner Atmung den Weg in diese Welt fand, ist nun schon 11 Jahre alt.

Noch heute ist ihm anzumerken, auf welch sanfte Weise und ohne den Einfluss von Medikamenten er geboren wurde. Ich bin unendlich dankbar für das Geschenk dieser aussergewöhnlichen Geburt und dieses wunderbare Kind. Und seitdem habe ich verstanden, dass Yoga aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken ist.

Wenn das Leben uns zwingt hinzuschauen

Doch manchmal holpert das Leben auch gewaltig. Nach so viel Glück und Sonnenschein folgte der sprichwörtliche Regen in meinem Leben. Grosser Verlust und Enttäuschungen standen an. Mein Schmerz war unermesslich.

Das Leid war streckenweise so gross und von Dauer, dass ich mich nun endlich gezwungen sah, mich mit meinen Gefühlen und Emotionen, auf bewusste Weise auseinander zu setzen. Denn es saß alles zu tief und rollte immer wieder über mich hinweg wie eine Lawine. Ich konnte es nicht weg-atmen. Die Atmung allein half nicht gänzlich. Also brauchte ich eine neue Strategie.

Ich begann tiefer in die Haltungen hineinzugehen. Ich hielt sie länger. Und länger. Alte Gefühle kamen hoch, es tat weh, durfte sein und wurde dann irgendwann von der Atmung weg getragen.

Die Kombination von „(aus)halten und atmen. Ja, das war es. Ich dachte, dass ich es nun begriffen hatte. Ich konnte mehr ertragen, länger aushalten und stiller werden. Doch all das war nur der Anfang…

Der Weg in die Ausbildung

Nachdem ich nun die gezielte Bewegung, die geführte Atmung und das Aushalten von Gefühlen im sprichwörtlichen Gepäck hatte, wollte ich noch mehr und entschied mich, eine Yoga-Ausbildung zu beginnen. Es war eine sehr lehrreiche Zeit, in der ich neben den klassischen Übungen des Hatha Yoga auch sehr viel philosophischen und theoretischen Background erhielt.

Nach erfolgreichem Abschluss meiner Ausbildung war ich felsenfest davon überzeugt, dass das Unterrichten von Yoga Teil meines Weges ist. In Kombination mit Ayurveda-Medizin schien es nahezu perfekt. Deshalb hatte ich genügend Mut, den es braucht, von Anfang an in die Praxis des Unterrichtens zu gehen.

Hin und wieder erinnere ich mich an die Worte meines Ausbilders, die er mir damals mit auf den Weg gab. Er sagte, dass manche zum Unterrichten bestimmt sind, andere wiederum nicht. Und ich gehöre seiner Meinung nach zu der ersten Gruppe. So unterrichte ich nun seit acht Jahren.

„Mein“ Yoga

Mittlerweile habe ich mein „eigenes“ Yoga gefunden. Mein persönlicher Yoga-Weg wird immer klarer. Und ich kann sagen: Bhakti Yoga is the king – der Yoga-Weg der spirituellen Liebe und Hingabe und des Mitgefühls (siehe vorherigen Artikel).

Ich habe mein Leben nach dem Herzen ausgerichtet. Den Herrn meines Herzens kenne ich. Meditation „mache“ ich nicht mehr – ich lebe sie. Tja, und mein Atem ist tief verankert in der Bewusstheit eines spirituellen Lebens.

Mein Leben ist lebendiger denn je. Leid und Schmerzen sind nicht weggezaubert. Und ich bin kein übernatürlicher Guru, sondern zutiefst Mensch. Mit Leib und Seele – und Gefühlen. Aber ich kann mich durch „mein“ Yoga schnell „regulieren“. Und wieder zur Balance zurückfinden.

Das Leben ist eine „Berg- und Talfahrt“. Wir müssen nur schauen, dass der Wagen grundsätzlich auf dem Weg bleibt, niemand ernsthaft zu Schaden kommt (auch wir selbst nicht) und die Fahrt irgendwie auch Spass macht. :-)

Mein Unterricht

Viele Jahre hatte ich Schwierigkeiten, mich Yogalehrerin zu nennen. Weil ich mich selbst zutiefst als Schülerin empfunden habe. Das tue ich heute immer noch. Aber ich habe kürzlich eine schöne Äusserung über das Lehrer-Sein im Yoga gelesen: Es geht nicht darum, dass wir schon alles wissen und alles können, sondern dass wir einen gewissen Erfahrungs-„Vorsprung“ haben und deshalb andere darin unterstützen können, ihre eigenen Erfahrungen zu machen und ihren Weg zu gehen. In diesem Sinne  unterrichte ich.

Mein Unterricht entsteht aus dem Herzen heraus. Ich widme mich meinen Teilnehmern so gut ich kann. Ich versuche Hundertprozent präsent zu sein.

Es geht nicht um komplizierte Akrobatik, sondern darum, seinen eigenen Raum der Bewegung, Atmung und Entspannung zu entdecken und darin wieder in Kontakt zu treten mit den eigenen Gefühlen.

Tief im Sein der eigenen Person verankert. Fühlend, liebend. Das wünsche ich mir für meine Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ein hundertprozentiges Ankommen im eigenen Leben.

Scarlett Krause

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